Montag, 20. März 2017

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,,Du weißt, dass eine Party gut war, wenn du dafür nicht mal vor die Tür gehen musstest." - Andy Dick.

Es fällt nicht jeden Tag eine Hildesheimer Party vom Himmel. Umso relevanter ist es, wenn genau das eben doch passiert. Demnach sehe ich mich dazu verpflichtet, die Stimme zu sein, die diese Stadt hier so dringend benötigt: die Stimme der Unvernunft. So auch am 17. März, dem Tag der Party meines Nachbarn. Ich war nicht eingeladen. Aber das ist ok. Wirklich. Es...ist in Ordnung.

In meinem Wohnkomplex residieren fast 30 verschiedene Haushalte. Man sollte meinen, dass man dementsprechend hin und wieder mal auf jemanden aus dem Haus treffen würde, doch dem ist nicht so. Keine Interaktionen finden untereinander statt, keiner kennt hier irgendeinen Namen und es könnten eigentlich auch alle in diesem Viertel tot sein, ohne dass es irgendjemand mitbekäme. Infolgedessen war ich recht verblüfft, als es via Notizzettel an der selten abgeschlossenen Eingangstür hieß, dass eine Party bevorstünde und man sich nicht über einige Turbulenzen wundern sollte. Wahrlich eine nette Geste, doch: War es eine Einladung? Nein. 

Ich wollte nicht der aufdringliche Nachbar sein, der sich der Party selbst aufzwingt, also entschied ich mich für die gleichermaßen unheimliche Variante, dem Partygeschehen von meiner Wohnung aus zu folgen. Wie sich herausstellen sollte, war die Party architektonisch nicht weit entfernt und ich hatte einen passablen Blick in die Wohnung, der allerdings recht schnell durch das schlichte Zuziehen des Vorhangs wieder egalisiert werden konnte. Die Fenster blieben dennoch offen. Aus der, was ich als Miniatur-JBL-Box verstand, ertönte eine schwer einzuordnende Playlist nach dem Motto ,,Hier ist alles an Musik, was ich in meinem gesamten Leben gehört habe!". Gefühlt jede halbe Stunde strömten immer mehr männliche Gäste durch den Hausflur. Pizzen wurden bestellt und auf den Fensterbänken geparkt, es floss ein wenig Alkohol. Irgendjemand namens Tobias machte wohl einen guten Witz.

War das alles? Waren das bereits die versprochenen Turbulenzen? Wo blieb der Klimax, wann sollte jemand Alkoholbedingt endlich dumme Dinge tun? Ich war dazu bereit, den Abend aufzugeben und mich mit meinem Chilli Con Carne ins Bett zu legen. Der Ironie des Schicksals entsprang abrupt ein Lichtblick: das Auftreten der Polizei. Im Augenwinkel sah ich, wie sie Maschinen-esque durch den Gang marschierten. Nervosität machte sich breit. Scheinbar...hat jemand bei seinem geparkten Auto das Licht angelassen und sie wollten nur kurz Bescheid geben. Ein Dolch im Rücken meiner Erwartungen. Augenblicke später sollte es dann bei mir klingeln: ein komplett in schwarz gekleideter Herr Mitte 20 fragte nach einem Dennis. Ich kannte keinen Dennis und schloss die Tür. Eine Interaktion für die Geschichtsbücher.

Alles, was ich dem restlichen Abend noch entnehmen konnte war, dass jemand die Toilette blockierte und es ein anderer Partygast für notwendig hielt, seine Gitarre auszupacken. Wonderwall. Nur...Wonderwall. Das war's. Ich war ungesund enttäuscht von dieser Party, ohne überhaupt da gewesen zu sein. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Vielleicht, dass sich die Party auf den Flur und das Treppenhaus erweitert. Vielleicht, dass etwas in die Luft geht. Vielleicht, dass sich mein Nachbar nach Ablauf der Party pornographische Materialien zu Gemüte führt, ohne zu wissen, dass sein Laptop noch an die Box angeschlossen war. Was genau so passieren sollte.

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